Rolls-Royce Phantom I (New Phantom)
Rolls-Royce Phantom I (New Phantom) | 1925-29 | Großbritannien |
Im September 1922 beschloss der Vorstand von Rolls-Royce, dass ein neues Fahrzeug als Ersatz des doch schon recht betagten Silver Ghost entwickelt werden solle. Im Mai 1925 stand dann endlich der Nachfolger des bis dato erfolgreichsten Luxus-Automobils der Welt im Schauraum der Londoner Rolls-Royce-Niederlassung in der Concuit Street 14-15. Als Namen gab man "New Phantom" an, was später, bei Erscheinen des Phantom II, in "Phantom I" umgemünzt wurde. Offiziell blieb der Silver Ghost übrigens lieferbar, man hatte noch diverse Chassis vorrätig. Doch nur wenige Kunden ließen sich von diesem Angebot verführen. Lediglich die Panzerfahrzeuge auf diesem Chassis wurden tatsächlich bis 1928 ausgeliefert, allerdings nur in homöopathischen Dosen. Neben der Produktionsstätte in England gab es natürlich auch wieder jene in Springfield/USA, wo auch bereits der Silver Ghost gebaut worden war. Allerdings gelang dort der Start mit dem neuen Modell erst zeitverzögert im Jahr 1926. Der New Phantom kam bei der Käufern sofort gut an. Die Nachfrage überschritt die Produktionskapazität am Anfang deutlich. Technisch handelte es sich beim New Phantom allerdings mitnichten um eine völlige Neukonstruktion: Im Wesentlichen hatte man eine Mischung aus dem bewährten Chassis des Silver Ghost, sowie technischen Neuerungen, die ihre Bewährungsprobe teilweise im "kleinen" Rolls-Royce 20/25 HP bestanden hatten, geschaffen. So wurde der in England gebaute Phantom zum Beispiel grundsätzlich mit Vierradbremsen ausgestattet, die ersten 66 Phantom aus Springfield/USA mussten jedoch zunächst mit Hinterradbremsen auskommen und wurden später umständlich und mit enormen Kosten mit Vorradbremsen sowie Bremsservo nachgerüstet. Und dies trotz des verspäteten Baus des neuen Modells in Amerika! Einmal mehr zeigte sich die unglückliche Firmenpolitik, jede Maßnahme in Amerika in England ausgiebig zu beleuchten und absegnen zu lassen, was Entscheidungen teilweise um Jahre verzögerte. Erwähnenswert ist noch der Umstand, dass es das Chassis mit zwei verschiedenen Radständen gab: 3645 mm und 3823 mm. Für das kürzere wurde ein Preis von 1.850,- britischen Pfund aufgerufen, für die längere Version sogar 1.900,- Pfund. Und das zu einer Zeit, als ein einfacher Morris um 120,- Pfund zu bekommen war - mit Karosserie. Diese war im Preis bei Rolls-Royce allerdings noch nicht enthalten und hob den Preis für das komplette Auto bei Wahl eines gediegenen, aber längst nicht extravaganten Aufbaus noch einmal um ca. ein Drittel an. Bei Sonderwünschen konnte der Chassispreis allerdings auch um ein Vielfaches überschritten werden! Das einzige wirklich Neue am 'New Phantom' war der Motor: Es handelte sich wieder um einen Sechszylinder, gegenüber dem Vorgänger aber mit einem Hubraum von 7668 ccm, wobei das Verhältnis von Bohrung zu Hub 108 zu 140 mm betrug. Ein ausgesprochener Langhuber also. Der Silver Ghost hatte noch ein ausgeglichenes Verhältnis von Bohrung zu Hub gehabt. Die zwei Zylinderreihen mit je drei Zylindern wurden von einem einteiligen, abnehmbaren Zylinderkopf mit eingelassenen Ventilen gekrönt. Bis 1928 war der Kopf noch aus Stahlguß gewesen, was jedoch zu einer gewissen Klopfneigung geführt hatte. Ab 1928, beginnend mit der Baureihe 'CL', wurde der Kopf jedoch in Aluminium ausgeführt und die insgesamt 12 Zündkerzen waren anders angeordnet. Da zeitgleich die Verdichtung angehoben wurde, ergab sich als erfreulicher Nebeneffekt dieser Maßnahme eine Leistungssteigerung von ca. 10 %. Man darf - obwohl die Leistung grundsätzlich nur mit "ausreichend" angegeben wurde - wohl in den frühen Baureihen von 90 bis 100 PS ausgehen, spätere Modelle dürften auf bis zu 110 PS gekommen sein. Das Triebwerk war aber ansonsten mechanisch gesund und arbeitete im gemächlichen Drehzahlbereich, was sogar zu einem Versuch eines gewissen Captain Kruse mit einem Kompressor führte. Als kleiner Rückschritt zum Silver Ghost sollte noch angemerkt werden, dass auf die bei den letzten Exemplaren des Vorgängers vorhandene Thermostatregelung der Kühlerlamellen verzichtet wurde. Diese mussten nun wieder mechanisch betätigt werden. In England gab es - anders als in Amerika - weiterhin keine Aufbauten ab Werk für den Phantom I. Allerdings gab es eine enge und wohl auch fruchtbare Zusammenarbeit mit den Spitzen-Karosseriers in England. "Hausschneider" war wohl Barker, wenngleich Hooper-Aufbauten wohl von der Qualität her zu Recht den besten Ruf genossen. So etwas wie die "Standard-Karosserie" war der offene sechssitzige Tourer, teilweise mit zweiter Windschutzscheibe ("Dual Cowl") vor den hinteren Passagieren. Es gab jedoch auf Kundenwunsch auch jeden anderen Aufbau. So entstanden für den Phantom I diverse Landaulets, Saloons, Sports Tourer und Stromlinienaufbauten. Kein Wunsch schien zu extravagant zu sein: Für indische Maharadschas wurden ganze Karosserien aus poliertem Aluminium gedengelt, Goldauflagen wurden gerne gewählt und selbst der Kühlergrill mit darauf befindlicher Emily war einigen Karosserieschneidern nicht sakrosankt. Der New Phantom war absolut ein Erfolg. Man führe sich vor Augen, dass dieses Modell in England nur ungefähr fünf Jahre gebaut wurde und in dieser Zeit ca. 2269 Exemplare abgesetzt werden konnten. In Springfield wurde das Modell zwar noch bis 1931 produziert, aber dort wurden letztlich nur ca. 1243 Stück hergestellt. Insgesamt kam man also auf beachtliche 3.512 Exemplare. Der Silver Ghost war zwar noch nur auf 6173 englische und 1703 amerikanische Exemplare gekommen, allerdings in 20 Jahren Bauzeit. Man sollte auch bedenken, dass der Nachfolger Phantom II in knapp sieben Jahren Bauzeit nur noch auf 1767 Exemplare kam. Hier dürfte jedoch die Weltwirtschaftskrise der 30 Jahre bereits ihren Einfluss gezeigt haben. |
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