Mercedes-Benz SSK (W06 / WS06 / WS06 RS)
Mercedes-Benz SSK (W06 / WS06 / WS06 RS) | 1928-32 | Deutschland |
Das teuerste, begehrteste und ehedem seltenste Modell der ersten S-Baureihe von Mercedes-Benz war der 'SSK', auch '720 SSK' genannt, obwohl der Hubraum nicht auf 7,2 Liter angewachsen war. Der SSK entstand durch Kürzung des Radstandes um 45 Zentimeter aus dem Modell SS, besaß jedoch prinzipiell nur zwei Sitze. Der Preis war gegenüber dem in der Regel viersitzigen SS analog zum Radstand allerdings etwas niedriger. Während man für den SS als nacktes Fahrgestell 31.000,- Reichsmark nach Untertürkheim überweisen musste, waren für das Chassis des SSK nur 29.000,- Reichsmark notwendig. Anders stellt sich die Situation heute dar: Da der SSK mit ca. 33 original gebauten Exemplaren deutlich seltener ist, muss für ein Original-Fahrzeug heute noch ein höherer Preis gezahlt werden, als für einen SS. Für eigene Rennzwecke sind darüber hinaus vermutlich vier SSKL ('L' für "leicht") entstanden. Deren Chassis wurden durch allerlei Löcher erheblich leichter und unter der Haube arbeiteten bis zu 300 PS starke Aggregate, deren Kompressoren übrigens im Gegensatz zu den normalen SSK permanent liefen. Für dieses Gefährt wurde ein Preis von 40.000,- Reichsmark aufgerufen, obwohl nicht bekannt ist, dass ein SSKL in die Hände eines Kunden geriet. Diese Situation hat die Spekulanten und "Restaurateure" auf den Plan gerufen, die eine Reihe von SS nachträglich durch Kürzung des Radstandes zum SSK oder SSKL machten. Auch in früheren Zeiten ist dies schon geschehen, doch erst nach dem Krieg hat die Wertentwicklung des SSK dies zu einem lohnenden Geschäft gemacht. Auch komplette Rekonstruktionen rechnen sich heute, obwohl diese selbstverständlich erheblich weniger wert sind als Originale. Nicht nur Spötter behaupten, dass von den ca. 33 SSK und SSKL heute noch etwa 120 existent sind. Erwähnenswert sind noch die Versuche mit aerodynamischen Verkleidungen des Wagenkörpers. Der - allerdings vom Werk unterstützte - Privatfahrer Manfred von Brauchitsch, *1905-2003 ließ sich am 05. Februar 1932 einen SSKl liefern, den sein Freund Reinhard Freiherr von Koenig-Fachsenfeld, *1899-1992 mit einer aerodynamischen Karosserie nach eigenem Entwurf für das Rennen zum Grand Prix von Deutschland auf der Berliner AVUS ausstattete. Das Ergebnis war optisch nicht gerade überzeugend und wurde vom Berliner Publikum umgehend als "Gurke" verspottet. Von Brauchitsch betitelte das den Wagen etwas liebevoller als "Zigarre" oder "hochbeinigen Torpedo". In technischer Hinsicht war der bei der Cannstatter Karosseriewerkstatt Vetter gebaute SSKl jedenfalls ein voller Erfolg: Von Brauchitsch konnte den eigentlich motorisch überlegenen und vor allem deutlich leichteren Alfa Romeo 8C 2300 mit Rudolf Carracciola am Steuer in der letzten Kurve überholen und gewann das 294,4 Kilometer lange Rennen unter dem Jubel der ca. 200.000 anwesenden Zuschauer. Dass die Arbeit von Koenig-Fachsenfeld tatsächlich der Hauptgrund für diesen Sieg war, wurde schließlich 2022 im alten Windkanal von Mercedes-Benz in Untertürkheim bewiesen. Dort wurden der nachgebaute SSKL mit Stromlinien-Karosserie zusammen mit einem normalen SSK und einem Mercedes W 25 im Hinblick auf den jeweiligen Cw-Wert getestet. Das Ergebnis: Der normale SSK schiebt sich mit einem Cw-Wert von 0,914 im Prinzip wie eine aufrecht stehende Wand durch den Wind. Der Stromlinien-SSKL setzt mit einem Cw-Wert von 0,616 dem Wind hingegen deutlich weniger Widerstand entgegen! Der W 25 schließlich kam auf einen Cw-Wert von 0,614, wobei zu bedenken ist, dass dieser eine erheblich kleinere Stirnfläche besaß! 1933 entstand noch ein zweiter SSKL mit Stromlinien-Aufbau, den Otto Merz beim Grand Prix auf der AVUS fahren sollte, doch dieser verunglückte im Training auf regennasser Strecke tödlich, wobei der Wagen zerstört wurde. Von Brauchitsch setzte hingegen seinen "Stromlinien-Torpedo" auch 1933 im Rennen ein. Doch die Gegner hatten erfolgreich aufgerüstet: Die "Gurke" kam mit einem Rückstand von 13'50,2" Rückstand auf zwei Bugatti T54 von Achille Varzi und Stanislaw Czaykowski sowie drei Alfa Romeo Monza nur auf den 6. Rang. Hiernach hörte man nicht mehr viel von dem Fahrzeug. Das Mercedes-Benz-Werk hat 2019 eine detail-getreue Rekonstruktion des Wagens von Von Brauchitsch vorgestellt. |
Mercedes-Benz SSK 27/170/225 PS '1928
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Mercedes-Benz SSK 27/170/225 PS (SN 36372) '1928
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Mercedes-Benz SSK 27/180/250 PS "London" '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/180/250 PS '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/140/200 PS "Carlton Carriage" (VIN 36045) '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/170/225 PS '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/170/225 PS (SN 36249) '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/180/250 PS (SN 36033) '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/180/250 PS '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/160/200 PS '1929
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Mercedes-Benz SSK 27/170/225 PS (SN 36256) '1930
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Mercedes-Benz SSK 27/180/250 PS '1930
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Mercedes-Benz SSK 27/170/225 PS '1930
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Mercedes-Benz SSKL 27/240/300 PS '1931
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Mercedes-Benz SSK 27/180/250 PS (VIN 36371) '1931
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Mercedes-Benz SSK "Skulptur" '2010
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verwandte Links | ||||
Literatur (faq) | Sportfahrer 5/1981, S.12 His Sportfahrer 6/1981, S.52 His Auto Motor Sport 5/1972, S.136 His Oldtimer Markt 2/2003, S.168 His "Stromlinien-SSKL" Auto Motor Sport 21/2009, S.134 His Oldtimer Markt 10/1998, S.8 His Motor Klassik 1/2004, S.140 "Besser machen" Oswald: Mercedes-Benz Personenwagen 1885-1945 |
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