Minerva
Minerva | 1904 - 1939 | Belgien |
Minerva (griechischer Name: Athene) war die römische Göttin der Handwerker und des Gewerbe, später auch der Dichter und Lehrer. Außerdem wurde Minerva in Rom als eine der drei Stadtgottheiten auf dem Kapitol verehrt. Minerva war aber auch der Name des zeitweise größten belgischen Autoherstellers. Gegründet wurde Minerva 1897 vom Belgier Sylvain de Jong (*1868 - + 1928), der zunächst ausschließlich Fahrräder und Motorräder im flämischen Antwerpen herstellte. Aber bereits 1899 präsentierte de Jong auf der Auto- und Fahrrad-Ausstellung einen Automobil-Prototyp, der stark dem französischen Panhard glich. Ca. ab 1900 (einige Quellen geben auch 1902 an) wurden dann jedoch die ersten Automobile hergestellt. Die Produktpalette war zu Beginn - wie bei vielen Firmen der damaligen Zeit - breit gestreut. So wurden in den ersten Jahren bereits Modelle mit 2, 3 und auch 4 Zylindern (1463, 2195 und 2926 ccm) produziert. 1904 wurde das erste wirklich bemerkenswerte Modell vorgestellt: Die Minervette, ein spartanischer Kleinwagen mit lediglich einem einzigen Zylinder für den englischen Markt, der damals Hauptabsatzmarkt für den jungen belgischen Hersteller war. Insbesondere ein gewisser Charles Rolls war einer der bekanntesten englischen Verkäufer des mit 105 £ billigsten Autos in England. Die belgischen Fahrzeuge mit dem Göttinnennamen wurden schnell bekannt, weil sich auch Rennerfolge einstellten. 1907 belegten etwa Minerva-Rennwagen gleich die ersten vier Plätze beim Ardennenrennen. 1908 errang ein Prototyp mit 8-Liter-Motor beim belgischen Ardennenrennen den Kaiserpreis und stellte damit die Initialzündung für den Bau von Luxus-Automobilen dar. Die Produktion von Fahrrädern und Motorrädern wurde diesen Plänen vollständig geopfert. 1908 wurde eine folgenschwere Entscheidung bei Minerva getroffen. De Jong erwarb eine Lizenz für den Doppelschiebermotor des Amerikaners Charles Yate Knight. Diese Konstruktion ohne Ventile war für ihre Laufruhe bekannt, vertrug jedoch keine hohen Drehzahlen. Ideal für Luxusautos, aber kaum geeignet für Fahrzeuge der Mittelklasse und darunter. Weitere Fahrzeuge mit dieser Technik gab es von Mercedes-Benz (zum Beispiel den Typ Knight 16/45 PS), Panhard & Levassor (etwa der X26) und der englischen Firma Daimler (z.B. der TE 20). Der Verkauf der leisen Luxusautos lief jedoch so gut an, dass De Jong sich zunächst bestätigt sehen konnte. Zu seinen Kunden gehörten schnell König Albert I von Belgien, der früh einen Typ WT für den belgischen Hof erwarb, sowie die Könige von Schweden und Norwegen. Auch Henry Ford I. besaß einen Minerva! Gleichzeitig wurde der Ruf der Autos aus Antwerpen durch weitere Renn- und Rallyesiege untermauert. Minerva wurde so mit etwa 1600 Arbeitern Belegschaft und ca. 3000 jährlich ausgelieferten Automobilen vor dem ersten Weltkrieg Belgiens größter Autohersteller. Während des ersten Weltkrieges produzierte man zunächst Mannschaftstransporter und Mitrailleuse, bevor De Jong und einige andere Führungspersönlichkeiten vor den deutschen Besatzern in das neutrale Holland fliehen mussten. 1920 wurde die Produktion mit den Typen OO und NN wieder aufgenommen. Ersterer war ein schwerer Sechszylinder, der es mit den feinsten Luxusautos aus Europa und nun vor allem Amerika aufnehmen konnte. Der Typ NN war ein kleineres Modell mit lediglich vier Zylindern. In den folgenden Jahren erschienen immer neue Typen mit durchweg kryptischen Bezeichnungen. In der Produktpalette waren dabei neben den kleineren Vierzylinder-Modellen (Typ AD und Typ AG) überwiegend Sechszylinder mit Hubräumen von 3,4 Litern (Typen AB und AE), 2,0 Litern (Typen AH, AN) 3,0 Litern (Typ AR), 5,3 Litern (Typ AC und AF) und 6,0 Litern (Typ AK und AKS). 1930 wurde dann mit dem Typ AL das absolute Spitzenmodell mit 6,6-Liter-Reihen-Achtzylinder vorgestellt. Dieser wahrlich majestätische Luxuswagen kostete zwischen 1.875,- und 2.475,- englische Pfund und war unter anderem mit Doppelzündung, aufwendiger Zentralschmierung und Dewandre-Servobremsen ausgerüstet. Doch Minerva hatte zu lange an dem veralteten Motorenkonzept ohne Ventile festgehalten. Die Luxusautos kamen gegen die modernere Konkurrenz von Mercedes, Hispano-Suiza, Cadillac und Rolls-Royce zunehmend ins Hintertreffen. Insbesondere Hispano-Suiza und Cadillac protzten inzwischen mit 12 und sogar 16 Zylindern in ihren Spitzenmodellen. Minerva reagierte 1929 mit dem kleineren Achzylinder AP 22 HP (3958 ccm), der etwas leichter und nur etwas mehr als halb so teuer war wie sein großer Bruder. Doch dieses Modell kam zu spät. Das New Yorker Verkaufsbüro musste 1934 geschlossen werden und das Stammhaus Minerva erhielt die neue Bezeichnung "Société Nouvelle Minerva". Doch auch dem neuen Unternehmen war kein Glück mehr beschieden. Man ging 1936 noch mit Imperia zusammen, aber zwei Kranke ergaben auch damals schon keinen Gesunden. Der Ankündigung eines gänzlich neu entwickelten Minerva mit V8-Ventilmotor, Drehmomentwandler, Vorderradantrieb, selbsttragender Karosserie und unabhängiger Radaufhängung folgten bereits keine Taten mehr. Es wurden noch einige Minerva-Modelle abverkauft, doch die Wiederbelebungsversuche nach dem zweiten Weltkrieg waren endgültig das letzte Lebenszeichen der göttlichen Autofirma aus Antwerpen. Sylvain de Jong erlebte den Niedergang seiner Firma nicht mehr. Er starb bereits 1928. |
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